Marlen Reusser, Sie sind erst 31 Jahre alt und haben in Ihrem Leben schon unglaublich viel geleistet: Bis zum Alter von 16 Jahren wurden Sie als Geigenspielerin an der Hochschule der Künste Bern HKB gefördert. Lange sind Sie gelaufen, haben parallel zum Gymnasium Hobbyanlässe im Ausdauersportbereich bestritten. Politisch haben Sie sich bei den Grünen engagiert. Neben Medizinstudium, Promotion und der Arbeit als Assistenzärztin haben Sie Ihre Karriere als Radsportlerin aufgebaut, ganz auf die Profikarriere gesetzt – und 2022 neben vielen weiteren Erfolgen im Zeitfahren die Europameisterschaft gewonnen. Was war bisher die grösste Herausforderung für Sie?
Die grösste Herausforderung für mich ist es, im Leben eine Balance zu finden – und Zufriedenheit. Da habe ich nie ausgelernt.
Wie meinen Sie das genau?
Manchmal fällt es mir schwer, mich herauszufordern, ohne mich zu überfordern. Herausforderungen machen ja Spass und verhindern, dass man einfach nur ein langweiliges Leben führt. Aber es ist wichtig, Balance zu halten: sich Ziele zu setzen, aber keine zu hohen, zufrieden zu sein, ohne träge zu werden. Das ist schwierig für mich. Ein anderes schwieriges Thema: der gegenwärtige Umgang mit der Welt. Wie wir sie missbrauchen, miteinander und mit der Natur umgehen. Das sind für mich grössere Herausforderungen als das Sportliche. Der Sport ist eher Spass und Spiel – auch herausfordernd, aber meistens weniger schwierig als andere Bereiche des Lebens.