Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Zahnarztpraxen tun ihr Bestes, um die ihnen anvertrauten Patienten optimal zu versorgen. Trotzdem können Fehler auftreten. Wenn solche ungewollte Ereignisse passieren, kann das die Patienten und das Team gleichermassen belasten.
Damit sich Fehler nicht wiederholen, ist es notwendig, eine offene und transparente Fehler- und Sicherheitskultur zu leben. Eine Kultur, die hinschaut, statt einen Schuldigen zu suchen. Eine Kultur, die es ermöglicht, offen mit Fehlern umzugehen und gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Es ist irrelevant, wem der Fehler unterlaufen ist. Die entscheidende Frage lautet: Welche Faktoren haben dazu beigetragen, dass eine Störung im System oder ein negatives Ereignis auftreten konnte? Der Schritt von einer Schuld- zur Fehlerkultur soll dazu beitragen, aus negativen Ereignissen zu lernen.
Menschliches Versagen ist nicht die Ursache
Wenn in einer Institution kein offener und konstruktiver Umgang mit Fehlern gepflegt wird, fällt es sehr schwer, einen Fehler einzugestehen. «Warten, bis Gras darüber gewachsen ist», scheint dann oft die einzige «vernünftige Perspektive» zu sein. Anzuraten ist sie nicht. Gerade bei den verantwortungsvollen Personen kann diese Denkweise ausgeprägte emotionale Reaktionen auslösen, Frustration und Wut gegenüber sich selbst, Selbstzweifel an der beruflichen Eignung bis hin zu Isolation und Einsamkeit und zum Gefühl, bei der Verarbeitung eines Fehlers alleine gelassen zu werden. Auch die Angst vor Bestrafung ist kein guter Ratgeber. Damit wird das Lernen aus Fehlern stark behindert.
Aus Untersuchungen im Luftverkehr weiss man: Menschliches Versagen ist nicht die Ursache von Fehlern. Vielmehr sind es all die Umstände, die die Urteilsfähigkeit des Piloten beeinträchtigt haben. Mit anderen Worten: Menschliches Versagen ist das Ergebnis, nicht die Ursache.
Der Brite James Reason hat diese Art der Fehlerweiterleitung sehr anschaulich in seinem «Schweizer Käsemodell» beschrieben (siehe Grafik). Innerhalb eines Prozesses gibt es verschiedene Sicherheitsbarrieren, die dazu beitragen, dass keine unerwünschten Ereignisse eintreten.
In der Realität haben aber auch die eingebauten Sicherheitsbarrieren Lücken, vergleichbar mit den Löchern einer Käsescheibe, und können somit versagen. Kommt es zu der unglücklichen Situation, dass ein Fehler alle Barrieren passiert, kann das unerwünschte Ereignis eintreten.
Fehleranalyse
Eine Fehleranalyse kann dazu beitragen, dass sich ein Fehler nicht wiederholt. So kann das ganze Team aus Fehlern lernen.
- War es ein leichter, mittlerer oder schwerer Fehler?
- Wo genau hat der Fehler begonnen?
- Was wurde unternommen, um den Fehler zu mildern bzw. zu vermeiden?
- Ist der Fehler schon mal aufgetreten, und wenn ja, bei wem?
- Ist der gleiche Fehler schon mehreren Mitarbeitern passiert?
- Ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass auch anderen der gleiche Fehler passieren wird?
- Passiert der Fehler öfters, und wenn ja, warum?
- Besteht die Gefahr, dass dem Mitarbeiter der gleiche Fehler nochmals passieren wird?
- Wie kann vermieden werden, dass der Fehler in Zukunft nochmals auftreten wird?
- Kann gegebenenfalls eine Kontrollstelle zwischengeschaltet werden? Wenn ja: Wer könnte das sein?
- Waren Systemfaktoren für den Fehler ausschlaggebend?
- Können diese Faktoren komplett ausgeschaltet werden, und wenn ja, wie?
Risikomanagement oder Fehlervorbeugung
Das Management von Risiken in Zahnarztpraxen wird eine zunehmende Bedeutung erfahren. Risikomanagement im Gesundheitswesen ist mittlerweile zu einem elementaren Bestandteil der Fehlerreduzierung und -vermeidung geworden. Die aus der Expertenmeinung der Literatur abgeleitete These besagt, dass umfassendes und nachhaltiges klinisches Risikomanagement die Schadenshöhe/ -häufigkeit beeinflusst. Die Vermeidung von Fehlern beinhaltet die Vermeidung von Schäden und deren Folgen. Das heisst, dass die Folgekosten, die bei Eintritt unerwünschter Ereignisse auftreten, verhindert werden. Das sind zum Beispiel Kosten durch Mehr- oder Nacharbeit, wenn eine Handlung nicht wie geplant ausgeführt wird. Das können aber auch erhebliche Kosten im Rahmen der Diagnostik, Therapie und Medikation sein, wenn ein Fehler in der Zahnarztpraxis entsteht.
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