Freundschaften pflegen, Kontakte knüpfen, sich mit Kollegen austauschen – was in den Anfängen ein bedeutender Beweggrund war, an den SSO Kongress zu reisen, ist auch heute noch wichtig. Im Vordergrund stand aber immer schon die Fortbildung der Zahnärzte. In den 1920er-Jahren, als die ersten Kongresse der SSO stattfanden, waren die zahnärztlichen Institute an den Universitäten Genf und Zürich bereits etabliert. Die dort beschäftigten Zahnmediziner gestalteten den wissenschaftlichen Teil der Zusammenkünfte. Auch praktische Demonstrationen wurden durchgeführt.
Zahnmedizin als medizinisches Fachgebiet
Die SSO als Berufsorganisation war bereits im März 1886 in Zürich gegründet worden. Die ersten Mitglieder waren handwerklich ausgebildete Zahnärzte und einige Mediziner aus dem Hochschulbereich, 55 insgesamt. Es war die Zeit, in der die Zahnmedizin vermehrt nicht mehr als Handwerk, sondern als wissenschaftliches und medizinisches Fachgebiet betrachtet wurde. Diese Entwicklung förderten die Gründer der SSO – mit Erfolg. Durch den Einsatz des Berufsverbands stellte der Bundesrat 1888 die Zahnärzte den anderen wissenschaftlichen Gesundheitsberufen gleich. Dieses Gesetz markiert der Beginn der Professionalisierung der Schweizer Zahnmedizin.
Die Zahnarztpraxis der 1920er-Jahre
Die in den 1920er-Jahren praktizierte Zahnmedizin war in Teilen recht modern. Röntgengeräte beispielsweise wurden bereits seit 1910 in der Zahnmedizin eingesetzt und boten gänzlich neue Untersuchungsmöglichkeiten. Um 1920 herum wurden auch erste Vorschriften erlassen, die Patienten mit Bleiplatten vor Strahlen zu schützen. Auch der Zahnarztstuhl kam in den 20er-Jahren auf. Vorher sassen die Patienten während der Behandlung auf normalen Stühlen. Das Einheitsgerät enthielt schon damals Schalttafel, Bohrer, Speifontäne, Speichensauger, Schwebetisch, Wasser und Luftspritzen. Der Bohrer, das damals wohl am meisten gefürchtete Gerät in der Zahnarztpraxis, wurde mit einem Fusspedal gesteuert und erreichte 800 Umdrehungen pro Minute. Als Narkosemittel wurde vor allem Lachgas eingesetzt. Auch die Lokalanästhesie wendeten Zahnärzte schon seit Anfang des 20. Jahrhunderts an. In den 1920er-Jahren machte man sogar schon erste Erfahrungen mit der intraligamentären Anästhesie. Allerdings waren die damals zur Verfügung stehenden Instrumente nicht für eine breite Anwendung geeignet, weshalb sich die Methode erst rund 70 Jahre später durchsetzen konnte.